TEXT ZUR REIHE : GESTERN – HEUTE – MORGEN

Ausgehend, unter anderem, von den nach wie vor hochaktuellen Gedanken, die Walter Benjamin 1937 entwickelte:

„…In dem Augenblick aber, da der Maßstab der Echtheit an der Kunstproduktion versagt, hat sich auch die gesamte soziale Funktion der Kunst umgewälzt. An die Stelle ihrer Fundierung aufs Ritual tritt ihre Fundierung auf eine andere Praxis: nämlich ihre Fundierung auf Politik.“

Beschrieben in: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“.

Der Bilderzyklus: „GESTERN – HEUTE – MORGEN“, beschäftigt sich mit den Metamorphosen der Wahrnehmungen – in der Reflexion, vor allem im sozialen Kontext, die, selbstverständlich, vielfach, höchst persönlicher Erinnerung, Überlieferung entstammen – und wiederum nie unabhängig vom gesellschaftlichen Zusammenhang sein können.

Zur Erinnerung (Überlieferung) sagte, Prof. Eric Richard Kandel:

Natürlich! Die Persönlichkeit ist die Erinnerung“. Erinnerung, die sich allerdings permanent neu – in jedem Moment neu konstituiert -, so in etwa der Hirnforscher Kandel, der sich lebenslang mit der Shoa – wie es dazu kam, welches die Bedingungen dafür waren, und so fort beschäftigte -, als Hirnforscher, als jüdischer Betroffener, der verstehen wollte, selbst das verstehen wollte, wo das Verständnis schwer aufzubringen ist, nämlich, wie es zum Genozid kommen konnte …

Das eigene, reichhaltige Foto-Bild-Material (Archiv), ergänzt und kombiniert durch Reproduktionen von Zeitungs- und Zeitschriftenfotos (Groß- Vergrößerungen daraus) – Zeitzeugnisse -, wie auch textliche Zeitungsausschnitte, Schnipsel davon (Headlines aus Zeitungen/Zeitschriften – Ausreißungen), stelle ich aus dem Material in den Bild-Collagen neue Zusammenhänge her, die einen veränderten Blick auf Immanenzen in Kultur (Medienkultur) und Gesellschaft – also Politik -, herstellen.

Eine andere Sicht auf scheinbar Vertrautes erzeugen können…

Die Collagen sind ebenfalls malerisch bearbeitet (verschiedene Techniken: mit Eiweißlasurfarben, Ölmalerei, Buntstiften etc.). Auch implementierte „Kitsch-Devotionalien“ sind davon nicht ausgenommen – bis hin, zum Beispiel, mein eigenes Haupthaar.

Es ist eine Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart mit künstlerischen Mitteln, die Vergangenes (das immerwährend Vergangene), dem Moment (Entstehungsmoment), und die daraus assoziierte Zukunft (die nicht unweigerlich; aber doch zumeist der Vergangenheit gleichkommt – nicht unbedingt vom äußeren Schein – der Form und Technik nach, so doch inhaltlich), behandelt.

Joachim Lünenschloß, März 2023